Der Herbst in der TCM – Loslassen, stärken, neu ausrichten
Eine Einladung zur inneren Ordnung und zu neuer Klarheit
Der Herbst berührt etwas in uns
Ich weiß nicht, wie es dir geht – aber sobald die Tage kürzer werden und die Luft kühler, passiert auch innerlich etwas. Es wird ruhiger. Nach außen vielleicht melancholischer. Nach innen oft klarer. Ich erlebe den Herbst nicht als Abschied, sondern als Rückkehr. Zur Essenz. Zurück zu mir. Und aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ist genau das die Aufgabe dieser Jahreszeit: loslassen, was nicht mehr nährt – und das stärken, was wirklich zählt.
Die TCM versteht den Herbst als Wandlungsphase Metall
In der TCM wird das Jahr in fünf Wandlungsphasen eingeteilt: Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser. Jede dieser Phasen ist mehr als nur ein Naturphänomen – sie ist Ausdruck innerer Prozesse.
Der Herbst gehört zur Wandlungsphase Metall
Organe: Lunge (Yin) und Dickdarm (Yang)
Emotion: Trauer, Wehmut, aber auch Klarheit
Bewegung: Rückzug, Verdichtung, Konzentration aufs Wesentliche
Thema: Grenzen setzen, aussortieren, durchatmen
Die Metallenergie hilft uns, Klarheit zu finden und Dinge innerlich zu ordnen. Es geht darum, Ballast loszuwerden – körperlich, emotional, mental – um wieder frei zu atmen.
Lunge und Dickdarm – was sie jetzt für dich tun können
In der westlichen Medizin werden Lunge und Dickdarm oft getrennt betrachtet. In der TCM gehören sie zusammen. Warum?
Beide Organe regeln die Aufnahme und Abgabe:
Die Lunge nimmt frische Energie (Qi) über den Atem auf.
Der Dickdarm scheidet aus, was nicht mehr gebraucht wird – auch emotional.
Was bedeutet das für dich?
Die Lunge stärkt dein Immunsystem, deinen Atem und deine Lebensenergie. Sie liebt klare Luft, Ruhe und Struktur.
Der Dickdarm hilft dir, Entscheidungen zu treffen und dich innerlich abzugrenzen. Du darfst loslassen, was dich belastet – nicht nur körperlich.
Im Herbst ist die beste Zeit, diese beiden Organe zu unterstützen.
Warum sich der Herbst oft „eng“ anfühlt
Viele spüren im Herbst mehr Traurigkeit – manchmal ohne klaren Grund.
Aus TCM-Sicht ist das kein Problem, sondern ein natürlicher Prozess.
Traurigkeit gehört zur Metall-Phase. Sie ist das Gefühl des Loslassens.
Und ja – loslassen tut manchmal weh. Es macht uns weicher.
Aber es macht auch frei. Der Herbst hilft dir, dich neu zu sortieren. Und er stellt dir dazu ganz praktische Fragen:
Was darf gehen?
Was ist wirklich wichtig?
Wo brauchst du mehr Raum – zum Atmen, zum Sein?
Was du deinem Körper jetzt geben solltest
Der Körper braucht im Herbst etwas anderes als im Sommer. Er verlangt nach Wärme, Ruhe und rhythmischen Abläufen.
Was jetzt besonders gut tut:
- Warme, gekochte Mahlzeiten – v.a. weißes Gemüse wie Rettich, Fenchel, Lauch
- Täglicher Spaziergang an der frischen Luft – gut eingepackt
- Bewusste Atmung – tief in den Bauch
- Sanfte, klare Bewegungen – wie QiGong
Der Herbst ist die Zeit, sich um das Wesentliche zu kümmern: das Immunsystem, die Atmung, das emotionale Gleichgewicht.
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Übungsempfehlung: Der Lungen-Laut aus dem QiGong
Eine meiner Lieblingsübungen im Herbst ist aus dem System der 6 heilenden Laute (Liu Zi Jue). Der Laut für die Lunge ist: „Sssiii“ – wie ein sanftes Zischen.
So geht die Übung:
Stelle dich aufrecht hin, die Beine schulterbreit.
Hebe beim Einatmen die Arme bis in Brusthöhe. Die Handflächen zeigen dabei nach oben und die Fingerspitzen zueinander. In Brusthöhe senkst du die Ellenbogen, die Fingerspitzen schauen jetzt nach oben. Schiebe nun deine Hände mit den Handflächen voran von dir weg nach vorne. Atme dabei aus und forme den Laut „Sssiiii“. Atme ein, drehe die Handflächen zum Brustkorb, ziehe sie zu dir und senke sie nach unten ab. Stelle dir vor, wie du mit diesem Laut alles Verbrauchte und Belastende ausatmest.
Wiederhole die Übung 6-8 Mal.
Wirkung:
befreit den Brustraum
beruhigt den Geist
unterstützt die Abwehrkraft (Wei Qi)
hilft beim emotionalen Loslassen
Diese Übung kannst du jederzeit machen – ideal am Morgen oder Abend.
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Dein Alltag im Rhythmus der Jahreszeit
Der Herbst lädt nicht zu Aktionismus ein, sondern zu Reflexion.
Was du jetzt brauchst, ist kein neuer Plan, sondern ein neuer Blick auf das, was schon da ist.
Kleine Rituale, große Wirkung:
10 Minuten QiGong oder Atemübung täglich
Reflexionsfrage am Abend: Was darf ich heute loslassen?
Bewusst Pausen machen – ohne schlechtes Gewissen
Fazit: Der Herbst ist kein Abschied – er ist ein Ankommen
In der Stille des Herbstes kannst du dich selbst wieder hören.
Nicht alles, was sich schwer anfühlt, ist negativ. Manches ist einfach Teil eines natürlichen Prozesses: ordnen, klären, loslassen.
QiGong hilft dir, diesen Prozess zu begleiten – mit sanfter Bewegung, bewusster Atmung und innerer Klarheit. Die Natur macht es uns vor: Sie lässt los, was nicht mehr dient – damit im Frühling Neues wachsen kann.
Warum also nicht auch du?
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